The Collegiate Way: Residential Colleges & the Renewal of University Life  ‹collegiateway.org›

Search: 

Higher Education News from the Collegiate Way

These news items about residential colleges, collegiate houses, and the renewal of university life are posted for readers of the Collegiate Way website. For more about residential colleges and collegiate universities please visit the main Collegiate Way page.

Bremen’s Blue Print: ›Colleges – ein neues altes Konzept‹

— The International University Bremen is the first German university to be established on the collegiate model, and its first college, Alfried Krupp College, opened this past year. Pages 30–33 of the premiere issue of IUB’s magazine Blue Print (2002/01) feature an article by Brita Schemmann—auf deutsch with an English summary—on residential colleges, their history, and the role they will play in IUB’s future development. The full text of the article appears below, and a local copy of the pdf version is also available. In appreciation for the assistance that the Collegiate Way website has provided to IUB’s college developers, the article kindly recommends: ›Wer schon jetzt mehr zum Thema College erfahren möchte, kann dies auch unter www.collegiateway.org tun.‹ Danke schön!

Colleges – ein neues altes Konzept

IUB MITARBEITERIN BRITA SCHEMMANN BRINGT LICHT IN DIESES DUNKEL UND STELLT DAS KONZEPT ›COLLEGE‹ VOR

Ein Tourist in Oxford sagte zu einem Studenten, den er in einem Café kennen gelernt hatte: »Sie studieren also an der berühmten Oxford University?« »Jesus College«, entgegnete der Student. »Ach, und ich dachte. Sie studierten an der Oxford University!«, sagte der Tourist erstaunt. Missverständnisse wie diese ereignen sich täglich in Oxford oder Cambridge. Denn der Begriff ›College‹ wird in unterschiedlicher Bedeutung gebraucht: University Colleges, Residential Colleges, Liberal Arts Colleges, Colleges of Further Education – für Außenstehende ein fast unüberschaubares Durcheinander.

Die Ursprünge des Collegesystems an Universitäten gehen auf die Universitäten Oxford und Cambridge zurück. Nach ihrer Gründung im 11. und 12. Jahrhundert. waren diese Universitäten zunächst nichts weiter als lose Zusammenschlüsse von Professoren, die individuell Studierende unterrichteten. Ende des 13. Jahrhunderts rief Walter de Merton mit dem Merton College in Oxford die erste organisierte Gemeinschaft aus Lehrenden und Lehrenden ins Leben. Sie sollte der Religionsausübung und -lehre innerhalb der Universität dienen. Er stiftete ein Vermögen und stellte damit sicher, dass die Gelehrten genügend Mittel für Forschung und Lehre zur Verfügung hatten. Als Gegenleistung verlangte Merton von den Gelehrten, regelmäßig Gottesdienste abzuhalten und für Mertons Seelenfrieden zu beten. Im 14. Jahrhundert folgten viele reiche Männer Mertons Vorbild und gründeten zahlreiche Colleges in Oxford und Cambridge. Die Gründung eines Colleges galt zu jener Zeit als ein sicherer Pfad in den Himmel. Der Status der Gelehrten an einem College konnte in mancherlei Beziehung mit dem von Mönchen verglichen werden. So war es ihnen zum Beispiel nicht gestattet, zu heiraten.

Über die Jahrhunderte wurden die Colleges immer größer und die akademische Arbeit wurde immer wichtiger. Die Struktur blieb jedoch weitgehend die gleiche: Der Unterricht fand in Colleges statt, meist in Form direkter Diskussion zwischen einem Gelehrten des Colleges – einem Fellow – und einer kleinen Gruppe Studierender. Erst im 19. Jahrhundert kam ein Wandel. Die industrielle Revolution kurbelte auch die Wissenschaft an. Der Hunger nach technischen Erfindungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen wurde immer größer. Die einzelnen, relativ kleinen Colleges waren oft nicht in der Lage, die benötigten Labore zu unterhalten. Die ›Dachorganisation‹ der Colleges, die Universität, gewann an Wichtigkeit, stellte Labore und Hörsäle. Ein Großteil des täglichen Unterrichts wurde ebenfalls nicht mehr von den Colleges abgehalten, sondern zentral durch die Universität. Ein Grund, weshalb die im 18/19. Jahrhundert in Großbritannien gegründeten ›Red Brick‹-Universitäten nicht mehr auf das College-modell zurückgriffen.

Die Collegeidee erlebte ein Revival: Die Form des universitären Zusammenlebens und -lernens wurde Ende des 19. Jahrhunderts von der Durham University und Mitte des 20. Jahrhunderts von den neueren Universitäten York, Lancaster und Kent wiederbelebt. Auch in anderen Ländern machte das Collegemodell Schule: So gibt es auch in zahlreichen Universitäten der USA (z.B. Princeton, Yale, Virginia, Rice, Southern California), in Australien (z.B. Adelaide, Melbourne, New South Wales) und in Kanada (z.B. Toronto, Waterloo) Colleges. Seither verstehen sich diese universitären Colleges als kleine, von Wissenschaftlern und Studierenden geleitete Gemeinschaften verschiedener akademischer Disziplinen, Herkunft und Semester. Sie zeichnen sich vor allem durch den engen Kontakt von Studierenden und Lehrenden aus. Sie bieten Raum für die Entwicklung von Persönlichkeit und sozialer Verantwortung. Hier sammeln die Studierenden Wissen in einem persönlichen Rahmen. Es wird gemeinsam gelebt, gegessen und gelernt. Die Colleges in ›Oxbridge‹ haben zudem heute noch eine gewisse akademische Unabhängigkeit, wenn es zum Beispiel um die Aufnahme von Studierenden oder um Basislehrveranstaltungen geht.

Weshalb setzen moderne Universitäten auf dieses Modell? Die Antwort liegt im sich wandelnden Verständnis dessen, was ein Universitäts-studium heute vermitteln soll. Benjamin Jowett, der 19. Jahrhundert Master des Balliol College der Oxford University war, sagte einmal über die Universitäts-ausbildung: »The benefits of a University education cannot be thought to consist merely in the acquirement of knowledge, but in the opportunities of society and of forming friends; in short, in the experience of life gained by it and the consequent improvement of character.« Bei einem Universitäts-studium geht es also nicht nur um die Vermittlung von Wissen, sondern auch um das, was man in Großbritannien häufig unter dem Begriff ›Character-Building‹ versteht. Seit die Wirtschaft verstärkt fordert, die Universitäten mögen ihre Absolventen doch auch mit den nötigen ›Soft-Skills‹ versehen, ist klar, was damit gemeint ist. Teamfähigkeit und Führungsqualitäten, Organisationstalent und Kommunikations-fähigkeit werden durch das Leben und Arbeiten in einem College ebenso gefördert, wie der Kontakt zu Lehrenden und Studierenden anderer wissenschaftlicher Disziplinen. In Großbritannien genießen Colleges aufgrund ihrer ganzheitlichen Ausbildung großes Ansehen. Die meisten Briten, die an einem College studiert haben, bleiben aufgrund der intensiven Erfahrungen während ihrer Collegezeit ein Leben lang mit ihrem College verbunden. Diese Tatsache spiegelt sich nicht nur in dem Spruch ›British men are college men‹ wider, sondern auch im Spendenaufkommen durch die Ehemaligen.

Auch auf die Organisationsstruktur der Universität kann das Collegesystem eine positive Wirkung haben. Die einzelnen Colleges sind in der Regel selbstverwaltete Einheiten innerhalb der Universität. Geleitet werden sie durch einen College Master und studentische Gremien. Mit einer solch dezentralen Organisation können Entscheidungswege kürzer gehalten werden und das Management kann flexibler handeln. Gleichzeitung stellt das College eine kleine und überschaubare Einheit innerhalb der Universität dar. Es ist eine Art ›Heimat‹ für seine Studierenden und Lehrenden. Dieser Aspekt ist besonders für ausländische Studierende wichtig und fördert außerdem den freundschaftlichen Wettbewerb unter den Colleges.

Auch die International University Bremen baut ein Collegesystem auf. Das erste von drei Colleges, das Alfried Krupp College, ist bereits seit September 2001 in Betrieb. Lesen Sie in der nächsten Ausgabe mehr über dieses College und seinen College Master. We schon jetzt mehr zum Thema College erfahren möchte, kann dies auch under www.collegiateway.org tun.

Related Collegiate Way News


© Robert J. O’Hara 2000–2021